Mit Plakaten machten wir rund um die Pflegezentren in Zürich auf die schlechten Arbeits- und Lebe-Bedingungen aufmerksam und riefen Care-Arbeiter*innen dazu auf, sich dem Protest anzuschliessen.
Im Gegensatz zu den Banken in der Finanzkrise um 2008 werden in der Covid-19-Krise «systemrelevante» Berufsgruppen nicht geschützt. Im Gegenteil! Während der Druck auf das Gesundheitssystem auch in der Schweiz wegen den wachsenden Covid-19-Fällen immer grösser wird, beschliesst der Bundesrat sich im März, die minimalen Gesundheitsschutzbestimmungen betreffend Pausen und Ruhezeiten für das Spitalpersonal aufzuheben. Die Arbeitsrechte im Care-Sektor werden mit Füssen getreten, so wie man es von den Sparmassnahmen der letzten Jahre nicht anders kennt.
An der Ressourcenverteilung im Gesundheitsbereich lässt sich relativ gut ablesen, welche Leben es im Kapitalismus zu schützen gilt. Während gewisse Dienstleistungen in Spitälern stets auch Geld in die Kassen schwemmen, ist dies in Pflegezentren mit älteren Menschen nicht der Fall. Diese Menschen zu retten, würde vor allem Kosten bedeuten und «lohnt» sich in der kapitalistischen Logik nicht. Entsprechend wird auf ausreichende Schutzmassnahmen, faire Arbeitsbedingungen oder notwendiges Material verzichtet, Patient*innen und Personal werden schonungslos der Ansteckungsgefahr ausgesetzt. Zwischen Pflegenden und Direktion findet kein Dialog statt, stattdessen werden die Arbeiter*innen weiter unter Druck gesetzt.
In einer Hauruck-Aktion hat die Stadt Zürich von oben verschiedene Massnahmen verfügt, um die Spitäler zu entlasten. Doch versteht die Chefetage offensichtlich zu wenig von Pflege und Gesundheit, um das sinnvoll zu planen.
Um die Bettenkapazität zu erhöhen, gehen die Züricher Pflegezentren ruchlos vor, sowohl gegenüber Patient*innen als auch dem Personal. Denn durch die Aufnahme von Covid-Patient*innen herrschen jetzt absurde und gefährlich Bedingungen. In Institutionen, welche die Aufgabe hätten, alte, oft demente Menschen zu schützen und zu pflegen, also die eindeutige Höchst-Risikogruppe, werden jetzt infizierte Kranke versorgt, ohne dass diese räumlich und personell genügend von den restlichen nicht-infizierten Patient*innen getrennt werden können.
Der fatale Fehler hätte natürlich verhindert werden können, wären die Massnahmen mit dem Personal, welches die Bedingungen und die räumlichen Verhältnisse gut kennt, besprochen und geplant worden. Auch das Wohl der Patient*innen wird stark missachtet. Anstatt das Personal mit genügend Schutzmaterial auszustatten, werden nun Zwangsmassnahmen angedacht. Weil die oft dementen Patient*innen sich gegen das Tragen der Masken wehren, soll dies wenn nötig mit Gewalt durchgesetzt werden.
Ausserdem sind schon massive Verschlechterungen bei den Arbeitsbedingungen zu spüren.
● Es mangelt an Schutzmassnahmen und Schutzmaterial. Aber nur damit ist eine gute Pflege möglich, sonst stecken sich Personal und Patient*innen gegenseitig an.
● Pflegende, die selber zur Risikogruppe gehören, werden unter Druck gesetzt, damit sie weiterarbeiten. Ob sie privat Personen aus der Risikogruppe betreuen, wird nicht berücksichtigt.
● Anstatt ein Klima der Wertschätzung zu schaffen, wird von oben Misstrauen gesät und so getan, als ob sich die Pflegenden «drücken» wollten. Kranke Mitarbeitende werden gezwungen, sich zu rechtfertigen und zu erklären. Krank ist krank, mehr brauchen die Bosse nicht zu wissen.
● Es wird noch dreister: Positiv auf Corona getestete Personen sollen weiterhin zur Arbeit kommen.
Schon vorher herrschte in den Pflegezentren oft knappe Besetzung, das heisst gerade mal 4 Personen betreuen zum Teil 25 schwer demente oder kranke Patient*innen. Und jetzt wurde bereits auf Minimalbesetzung umgestiegen, das heisst nur noch 3 Pflegende für 25 Betreute, hinzu kommt der Mehraufwand erhöhter Hygienemassnahmen.
Die einzig richtige Antwort wäre, das Personal massiv aufzustocken, eine Gefahrenzulage zu geben und neue, leerstehende Gebäude zu finden und einzurichten. Die Trennung von Corona-Kranken und nicht-infizierten Patient*innen ist entscheidend, um eine weitere Ansteckung zu verhindert und insbesondere diese Risikogruppe zu schützen. Dazu braucht es gute räumliche Trennung, genug Schutz für die Arbeiter*innen und mehr Personal für gute Pflege.